Gerhard Simon
Kriegsgefangene standen im 2. Weltkrieg der deutschen Wirtschaft
gegen Bezahlung zur Verfügung.
Der Hauptabrechnung des Stalag VIII B
vom 30. September 1941 ist leider die Nationalität der
Kriegsgefangenen nicht zu entnehmen, aber immerhin lässt die
Rechnung erkennen, dass das Kriegsgefangenen-Arbeitskommando vom
7.9. bis 20.9.1941, also 14 Tage in einem Steinbruch eingesetzt war.
Es waren vier Wachmänner abgestellt worden, um 40 Kriegsgefangene zu
beaufsichtigen, die täglich durchschnittlich ca. 8 Stunden
gearbeitet hatten, sofern man die Sonntage als arbeitsfrei
berücksichtigt. Verpflegung und Unterkunft sowohl für die
Wachmannschaften als auch für die Gefangenen müssen bescheiden
gewesen sein, wenn man die Beträge dafür betrachtet.
Empfänger des Rechnungsbetrages von 699,24 RM war
die Heeresstandortkasse Lamsdorf.
Das Kriegsgefangenlager Lamsdorf, in Schlesien
zwischen Oppeln und Neiße gelegen, hatte im 2. Weltkrieg die
Bezeichnung Stalag VIII B. Bis zum Ende des Krieges wurden 300000
alliierte Soldaten unter unmenschlichen Bedingungen festgehalten,
Tausende starben, u.a. ca. 40000 sowjetische Kriegsgefangene.
Traurige Berühmtheit erhielt Lamsdorf in den
Jahren 1945/46. Polnische Milizen hatten das Lager übernommen und
internierten dort 8000 bis 9000 nicht geflüchtete Deutsche, darunter
viele, die 1921 für Polen votiert hatten und deren Muttersprache
Polnisch war. Aus inzwischen zugänglichen polnischen Gerichtsakten
geht hervor, dass dort 6488 Deutsche, oft bestialisch zu Tode
gequält worden sind. Erst 2001 klagte ein Gericht in Oppeln den
ehemaligen polnischen Lagerkommandanten Czeslaw Gemborski wegen
"Verbrechen gegen die Menschlichkeit" an, obwohl er 1959
freigesprochen worden war. Mit Rücksicht auf den Gesundheitszustand
des Angeklagten wurde der Prozess nicht zu Ende geführt. Gemborski
starb im Juni 2006.
Ein weiterer Beleg zeigt, dass der Einsatz von
Kriegsgefangenen mehr oder weniger privatisiert worden war.
Faltbriefvorderseite |
Rechnung auf der Innenseite des
Faltbriefs |
Beschäftigungsnachweis als
Einlageblatt |
Der Fahrbereitschaftsleiter des Landrats in Torgau
hatte den Beschäftigungsnachweis für Kriegsgefangene am 1.11.44
aufgestellt: Am Mittwochnachmittag, dem 25.10.1944, entluden vier
Gefangene 4,5 Stunden und am Samstagnachmittag, dem 28.10.44, fünf
Gefangene 5 Stunden lang Waggons. Bezahlt wurden 0,70 RM/h.
Offensichtlich waren damit auch die Verpflegung und Unterkunft
abgegolten.
Die zahlreichen Buchungsbelege zeigen, dass für
den Einsatz von Kriegsgefangenen eine perfekte Organisation
geschaffen worden war.
Quelle: Internet |